Sonntag, 30. Oktober 2016

Sonderausstellung: Sprache

 Begleitbuch
24. September 2016 bis 28. August 2017

Redehandwerk. Macht und Magie der Sprache

Kann Sprache neutral sein?               
Wie verstärken wir die Wirkung unserer – öffentlichen – Rede?
Welche Rolle spielt die Sprache bei gesellschaftlichen Ritualen?
Wie verändern die digitalen Medien die Möglichkeiten der Sprache und des Sprechens?
http://www.dhmd.de/?2801
Wann wird Sprache zur Waffe?

Unsere Fähigkeit zur Kommunikation ermöglicht uns, Erwartungen, Botschaften, Wünsche und Gefühle mitzuteilen und zu verstehen. Dabei nutzen wir die Sprache nicht nur zur Beschreibung der Welt. Wir setzen sie auch gezielt als Machtinstrument ein, um Einfluss zu nehmen und unser Umfeld aktiv zu verändern. Dies gilt im Großen wie im Kleinen, in der Politik wie auch im Privaten. In welchem Rahmen und mit welchen Worten wir miteinander kommunizieren, verrät viel über unsere Werte, unsere Empfindungen, unsere Ansichten und Absichten. Unser Sprachhandeln in alltäglichen und besonderen, in individuellen und öffentlichen Redesituationen ist untrennbar mit unserem Körper und unserer Umwelt verbunden. Im Zusammenspiel von gelebten Praktiken und sprachlichen wie körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten dient es als Bindeglied zwischen Einzelnem und Gesellschaft.

Die Kunst der Rede  
Das Sprechen vor und zu anderen Menschen gleicht oft einer Aufführung. Ob bei einer politischen Rede im Parlament, einem öffentlichen Protest, einer Trauerrede oder einem Poetry Slam, ausschlaggebend sind das

Montag, 17. Oktober 2016

Bürgerfest am 17. Oktober 2016: OB Hilbert findet klare Worte

Die Rede von OB Dirk Hilbert

Dresdens OB Dirk Hilbert
Dresdens OB Dirk Hilbert
© Robert Michael

http://www.sz-online.de/nachrichten/buergerfest-ob-hilbert-findet-klare-worte-3518621.html

Liebe Dresdnerinnen und Dresdner,

Ich freue mich sehr, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Ich erlaube mir, in etwas lockerem Outfit zu Ihnen zu sprechen. Für einen Abend habe ich die klinische Betreuung der Vater-Kind-Kur verlassen. Ich möchte mit Ihnen mein Dresden zeigen.



Am 3. Oktober nachmittags bin ich mit meinem Sohn zur Kur gereist und mir wollten die Bilder dieses Tages nicht aus dem Kopf gehen. Es war abscheulich, miterleben zu müssen, wie der Tag der Deutschen Einheit von einigen hundert Pöblern und Krakeelern in den Dreck getreten wurde. Dies hat mit freier Meinungsäußerung nichts mehr zu tun. Mehr noch: Diese selbsternannten Patrioten haben sich als das entpuppt, was sie in ihrer Spitze sind: Gegner unserer Demokratie, Gegner unseres Staates. Und leider erleben wir es immer wieder, dass Andersdenkende, Anderssprechende und Andersaussehende auch in unserer Stadt angepöbelt und angegriffen werden.

Noch zwei Tage vorher hat mich ein Journalist gefragt, was die größte Errungenschaft der Wiedervereinigung gewesen sei. Meine Antwort war spontan und eindeutig: Das Grundgesetz! Und ich empfehle allen einmal wieder die Lektüre der Artikel 1 bis 5 unserer Verfassung, die die Grundlage unseres gemeinsamen Vaterlandes darstellen, zu dem wir vor gut 26 Jahren beigetreten sind. Es beschränkt sich nicht nur auf das Singen der Nationalhymne und Artikel 5, Absatz 1.:

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

Ich respektiere das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ich weiß auch, dass es einige Unzufriedenheiten und Ängste bei den Dresdnerinnen und Dresdnern gibt. Daher hatte ich mich entschlossen, diesen Nöten Raum in Bürgerveranstaltungen und Bürgersprechstunden zu geben. Und Sie können mir glauben, dass ich seriöse Probleme sehr ernst nehme. Ich lasse häufig Antwortentwürfe mehrmals zur nochmaligen Überprüfung und Überarbeitung zurückgehen. Hier werde ich auch in Zukunft nicht lockerlassen und auch heute stehen einige meiner Bürgermeister und ich in mehreren Zelten Rede und Antwort. Wer reden will und seine Probleme vorbringt, wird auch geholfen, sofern es gesetzlich und von den Rahmenbedingungen möglich ist. Nutzen Sie die angebotenen Möglichkeiten.

Sonntag, 16. Oktober 2016

All the tired horses in the sun. How´m I supposed to get any ridin´ done?

Literatur-Nobelpreis für eine Legende - Bob Dylan

Hundert mal haben wir seine Lieder gesungen. Beim Schulfest, am Lagerfeuer, auf Wanderwegen. In der DDR hat man ihn nicht verbieten können, nur manchmal mit spitzen Fingern angefasst. Die Poesie vom Frieden in einer freien Welt. And it´s an hard rains a-gonna fall... Like a Rolling stone... How many roads must a man walk down? ...

Fans in den 60ern/ Foto G. Weber/ Grimma
Die ersten Gitarrengriffe habe ich zu Bob Dylan`s Texten gelernt. Selbst unser sehr liberaler Englisch-Lehrer hatte bei manchen Stellen Übersetzungsprobleme. Da war so viel Philosophie drin. Then you better start swimmin´or you´ll sink like a stone for the times the are a-changin...´. Knockin´on heaven´s door. .. With god on our side...

Als ich ihn dann 1994 zum ersten Mal auf der Konzertbühne im Elbufer erlebte, war ich ein wenig traurig. So introvertiert hatte ich ihn nicht erwartet, einen der einflussreichsten Singer-Songwriter des 20. Jahrhunderts. Aber vielleicht macht es gerade das aus. Wir müssen wieder tiefer nachdenken. Gerade heute, wenn wir diesen vielen Flüchtenden begegnen:

How does it feel
To be without a home
Like a complete unknown
Like a rolling stone?

Es ist grandios, dass gerade er jetzt diese Würdigung erfährt. Er soll es übrigens ganz gelassen hinnehmen, steht in der Zeitung. Und zweitausend haben bei seinem Konzert am Donnerstag in Las Vegas mitgesungen - wie eh und je: The answer, my friend, is blowin´in the wind. Ich wäre gern auch dabei gewesen.

Freitag, 7. Oktober 2016

Rhetorisches Gift

PEGIDA. Warnsignale aus Dresden. 

Aktuelle Leseempfehlung

Werner J. Patzelt,
Professor für Systemvergleich an der TU Dresden, und
Joachim Klose,
Landesbeauftragter der Konrad-Adenauer.Stiftung für Sachsen
u.a.

Sachsen ist dafür berühmt, dass hier viel technische und künstlerische Kreativität entstand. Und das Angebot reicht vom Aktendulli bis zum Zwinger, beinhaltet den BH ebenso wie den Teebeutel.

Auch sprachgeschichtlich gingen von hier wichtige Impulse aus. Das Sächsische Kanzlei (Verwaltungssprache im 16. Jahhundert, von Martin Luther bei der Bibel-Übersetzung genutzt) prägte die hochdeutschen Sprachgebrauch maßgeblich. Lene Voigt hat die Volkslyrik in nachhaltiger Weise mit ihrer sächsischen Mundart angereichert, was ihr die Nationalsozialisten allerdings als als "unheldische" (Martin Mutschmann) "Verschandelung" der deutschen Klassiker übel nahmen. Und von Dresden aus beobachete Victor Klemperer die Sprache des Dritten Reiches (LTI - Linguia Tertii Imperii). Er analysierte sie als den kommunikativen Absud der Nazis.

Und nun kommt  Professor Patzelt. Das o.g. Buch (667 Seiten) widmet sich einem aktuellen Phänomen. In Dresden entwickelte sich durch PEGIDA seit 2014 eine besonders makabere Form des deutschen Rechtspopulismus. Seine sprachlich-medialen Geburt fand sozusagen auf dem Theaterplatz statt. Es entstand eine Sammlungsbewegung, die einen angstschürendem Rassismus und die Kritik an der Einwanderungs- und Integrationspolitik, die Unfriedenheit gegenüber der politischen Herrschaft und die vorhandenen Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland aufgriff und damit wöchentlich Tausende auf die Straßen brachte. Es fand eine rhetorische Überproduktion statt wie selten. Und hier trifft die oft zitiert Erkenntnis Klemperers zu: "Worte können wie winzige Arsendosen sein: Sie werden unbemerkt verschluckt; sie scheinen keine Wirkung zu tun - und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da." Taumelnder Protest ohne Ziel und Programm. Verrohung in den den öffentlichen Beziehungen. Rhetorisches GiftFanatiker erzeugten nahezu Veithstänze. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Ein wenig Ermüdung sieht man allerdings schon. Und deshalb kam es auch zum Nationalfeiertag zu einigen blinden Wutattacken, die selbst aus den Reihen der AfD abgelehnt werden.

Die Reden und Sprechchöre der Rechtspopulisten strotzen nur so von giftigerzeugenden Worthülsen und Fäkalvokabeln wie Lügenpresse, Multi-Kulti-Scheiße, Moslemmüllhalde, Islamisierung, Kinder-Ficker-Partei, Volksverräter. Da erinnert vieles an LTI. Und die Demonstrationszüge werden oft genug und sichtbar von Rechtextremisten unterwandert und unterstützt. Patzelt stellt das ausführlich dar und gibt umfangreiche Ansätze für die Auseinandersetzung. Dabei ist der dresdner Politikwissenschaftler selbst nicht unumstritten. Die Denkwelt der Pegida-Gegner ist ja ebenfalls widersprüchlich in sich. So wirft ihm z.B. die Juso-Hochschulgruppe Halle Pegida-Verharmlosung vor, die nicht in die Seminare und Vorlesungen gehöre. Genug gepatzelt?

Gewiss: Das Buch ist keine leichte Wochendlektüre zu Kaffee und Kuchen. Und sie bietet auch keine ideale Checkliste zur Zurückdrängung des Rechtspopulismus. Aber wie soll man sich vereinfachend und vielleicht gar banalisierend mit einer komplexen Erscheinung wie Pegdia auseinandersetzen?

Erschienen bei: w.e.b., Universitätsverlag und Buchhandel Eckhard Richter & Co. OHG, Dresden, 2016

Sonntag, 2. Oktober 2016

Sprache

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Welt der Worte, Zeichen, Gesten

Vorbetrachtungen

In Dresden wurde vor einer Woche im Deutschen Hygienemuseum eine Sonderausstellung zu diesem Thema eröffnet. Im Flyer dazu heißt es:
"Mit Sprache gehen wir jeden Tag um: Wir reden mitenander, wir lesen, schreiben und gestikulieren - und manchmal teilen wir auch etwas durch Schweigen mit. Mit Sprache bauen wir unsere Beziehungen zu anderen Menschen auf und bringen unsere Gedanken und Gefühle zum Ausdruck. Wir eignen uns mit ihrer Hilfe unsere Umwelt an, wir vermitteln Wissen, speichern kollektive Erfahrungen und gestalten unsere Welt. Ähnlich wie das Atmen oder das Gehen erscheint uns das Sprechen als etwas vollkommen Selbstverständliches . Aber was ist das auch?"
Deutsches Hygienemuseum Dresden

In vier Abteilungen wird uns reichhaltiger Diskussionsstoff angeboten:

Abteilung 1: HOMO LOQUENS. Zur Sprache kommen.
Abteilung 2: DENKBEWEGNGEN. Von Sinn und Sinnlichkeit der Sprache.
Abteilung 3: REDEHANDWERK. Zur Macht und Magie der Sprache.
Abteilung 4: SRACHHEIMAT (en). Von Zugehörigkeit und Selbstbestimmung.



Der Ausstellungskatalog heißt: Sprache. Ein Lesebuch von A-Z. Perspektiven aus Literatur, Forschung und Gesellschaft. Herausgegeben für das Deutsche Hygiene-Museum Dresden und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung von Colleen M. Schmitz und Judith Elisabeth Weiss.

Ich habe auch gleich angefangen zu lesen. Die ersten beiden Kapitel lauten "Hoppla...! Anmerkungen zu Interjektionen" (Joachim Kalka) und "Das Blog, das Blogen und Herrndorf Arbeit und Struktur (Peer Trilcke). In der nächsten Woche werde ich die Ausstellung besuchen.Ich möchte auch meine Studenten dazu anregen. Mein aktuelles Vorlesungsmodul im 5. Semester der Medieninformatik heißt "Publizistisches Arbeiten". Und im kommenden Semester ist "Public Relations" dran. Da ist diese Ausstellung ein Muss. "Noch nie haben Jugendliche so viel geschrieben wie heute - in Foren, Chatrooms und Blogs"..." heißt es im Vorwort des Katalogs. Dem sollten wir uns gemeinsam stellen.