Mittwoch, 2. April 2025

Filibuster = rhetorischer Überfall

 US-Senator Cory Booker protestiert 25 Stunden lang gegen Trump

Endlich wird das Wort Rhetorik wieder mal in einen positiven Kontext gestellt. Es ist zwar kein klassoscher Filibuster, weil es nicht darum ging, weil es nicht um die Verzögerung eines Gesetzesvorhabens ging. Aber eine ungewöhnliche Rede in einer ungewöhnlichen Zeit hat schon ihren Reiz. Trump hat der Redekunst noch nie einen guten Dienst geleistet. Er hat sozusagen ein Zerrbild daraus gemacht. Um so mehr beglückwünsche ich Senator Booker, den ich zwar nicht kenne und bisher nichts von ihm gehört habe, für seine sportliche Leistung mit Esprit.

https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/usa-rede-senat-booker-100.html:


"Ich erhebe mich heute Abend, weil ich ehrlich glaube, dass unser Land sich in einer Krise befindet", sagte Booker zu Beginn seiner Rede. Dies seien keine normalen Zeiten. "Und sie sollten im Senat der Vereinigten Staaten nicht als solche behandelt werden. Die Bedrohungen für das amerikanische Volk und die amerikanische Demokratie sind ernst und dringend, und wir alle müssen mehr tun, um ihnen entgegenzutreten."

Am Dienstag wirkte der Senator schon sichtlich erschöpft und lehnte sich bisweilen ans Pult, während er unter anderem die Kürzungen thematisierte, die die Abteilung für Regierungseffizienz des Trump-Beraters Elon Musk vorantreibt. Der Senator und frühere Präsidentschaftsbewerber kritisierte die radikalen Kürzungen des Staatsapparats mit der Entlassung von Tausenden Angestellten des öffentlichen Dienstes.

Booker warf Trump auch vor, immer mehr Macht an sich zu reißen und damit die US-Demokratie zu gefährden. Er sprach dabei von einem verfassungswidrigen Vorgehen Trumps. "In nur 71 Tagen hat der Präsident der Vereinigten Staaten der Sicherheit der Amerikaner, der finanziellen Stabilität, den Grundlagen unserer Demokratie so viel Schaden zugefügt", sagte der demokratische Senator, der in der Kongresskammer den Bundesstaat New Jersey vertritt.

Die USA befänden sich in einem entscheidenden Moment moralischer Entscheidungen. "Es geht nicht um links oder rechts. Es geht um richtig oder falsch", appellierte Booker an den Senat.

Samstag, 29. März 2025

Literaturempfehlung

Rhetorische Kommunikation = Reden + Zuhören + Reden + Zuhören + ...

Bernhard Pörksen: Zuhören. Die Kunst, sich der Welt zu öffenen. Carl Hanser Verlag, 2025

"Wirkliches Zuhören ist gelebte Demokratie im Keinen, Anerkennung und Akzeotanz von Verschiedeneheit, Suche nach dem Verbindenden, KLärung des Trennenden, gemeinschaftliche Erkudnung einer Welt, die überhaupt erst im Miteinnder-Reden und Miteinander-Zuhören entsteht."

Montag, 27. Januar 2025

Wahlprogramme im Verständlichkeits-Check

Mit Hilfe von Copilot
Kommunikationswissenschaftler der Uni Hohenheim analysieren Programme der Parteien zur Bundestagswahl

"Nach dem Allzeithoch zur Bundestagswahl 2021 sind die Wahlprogramme 2025 wieder etwas kürzer, so die Auswertung der Universität Hohenheim in Stuttgart. „Hier macht sich die knappere Zeit für den Wahlkampf und seine Vorbereitung bemerkbar“, urteilt Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Frank Brettschneider.

Insgesamt seien die Programme zur aktuellen Wahl etwas verständlicher als 2021. Sie blieben aber nach wie vor nur schwer verständlich. In diesem Jahr erschweren Bandwurmsätze mit bis zu 69 Wörtern (Bündnis Sahra Wagenknecht), Wortungetüme wie „Telekommunikationsnetzausbaubeschleunigungsgesetz“ (FDP) und Fachbegriffe wie „Small Modular Reactors“ (CDU/CSU), „Quick-Freeze“ (Grüne) oder „Catcalling“ (SPD) für viele Laien die Verständlichkeit.

Das formal verständlichste Programm legt die CDU/CSU vor, das formal unverständlichste Programm stammt von der AfD. Bündnis Sahra Wagenknecht und die AfD verwenden die populistischste Sprache."

https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung? tx_ttnews%5Btt_news%5D=64753&cHash=df7a39faedd352970b9cd38184204062

Populistische Sprache bei BSW und AfD am häufigsten

"Außerdem haben die Hohenheimer Forscherinnen und Forscher die Verwendung populistischen Vokabulars untersucht. Dabei verwendeten sie die Anti-Elitismus-Dimension von Rooduijn und Pauwels (2011), die sie mithilfe eines Sprachmodells untersuchen.

Demnach weisen die aktuellen Programme im Verhältnis zu früheren Wahlen einen mittleren Grad an sprachlichem Populismus auf: 3,5 Prozent der Sätze aus den Wahlprogrammen werden von dem Modell als „anti-elitistisch“ klassifiziert. Sprachlich am populistischsten schreibt 2025 das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 9,3 Prozent anti-elitistischen Sätzen, gefolgt von der AfD mit 7,1 Prozent sowie der Links-Partei mit 5,5 Prozent.

Die im Schnitt seit 1949 am wenigsten populistischen Wahlprogramme schreiben die Unions-Parteien (2,2 %) und die FDP (2,1 %). Das dürfte vor allem daran liegen, dass sie besonders häufig an Regierungen beteiligt waren und insofern häufig die politische Elite darstellten, die mit dem von den Forschenden gemessenen Anti-Elitismus kritisiert wird.

„In der Langzeitbetrachtung sind Parteien mit zunehmenden Alter eher weniger anti-elitistisch geworden. Das beste Beispiel hierfür sind die Grünen, deren Wahlprogramm 1983 einen Anteil anti-elitistischer Sätze von 8,9 Prozent aufweist. Dieser Anteil ist über die Jahre stetig gesunken und liegt heute bei 0,6 Prozent“, sagt Dr. Claudia Thoms."

(Ebenda) 


Dienstag, 15. Oktober 2024

Literaturempfehlung: Nexus

Dieses Buch hat mich in diesem Jahr bisher am nachdenklichsten gestimmt, auch wenn ich es gerade erst angefangen habe zu lesen

"Sapiens. Eine kurze Geschichte der Menschheit" oder "Homo Deus. Eine Geschichte von morgen. 21 Lektionen für das 21. Jahrhundert" von Yuval Noah Harrari gehörten in den vergangenen fünf Jahren zur "Pflichtlektüre" der Sachbuchleser. 

Nun habe ich "Nexus" auf dem Tisch liegen: "Eine kurze Geschichte der Informationsnetzwerke von der Steinzeit bis zur künstlichen Intelligenz". Ich habe zwar gerade erst den Prolog, doch was sich da ankündigt, ist nahezu ungeheuerlich. Da würde ich mich wohl am besten ein paar Tage lesend wegschließen müssen, wenn das praktisch ginge.

Yuaval Noah Harrari glt, lt. Einbandtext, als "einer der einflussreichsten Intellektuellen Welt". Er wurde 1976 in Israel geboren, wurde in Oxford promoviert und lehrt derzeit an der Hebrew University of Jerusalem Geschichte.

In diesem Band betrachtet er die Zeitspanne vom Steinkeil bis zur Künstlichen Intelligenz auf dem Hintergrund der menschlichen Evolution.

Seine ersten Sätze des Prologs lauten:

"Wir nennen unsere Spezies Homo sapiens - der weise Mensch. Es ist jedoch fraglich, welche Ehre wir diesem Namen machen. In den vergangenen 100.000 Jahren haben wir gewaltige Macht erworben.... Doch Macht ist nicht gleich Wahrheit, und nach 10.0000 Jahren der Entdeckungen hat sich die Menschheit in eine existenzielle Krise manövriert... Doch die Menschheit tut sich nicht etwad zusammen, um diesen Bedrohungen entschlossen entgegen zu treten... Wenn wir so weise sind, warum sind wir dann so selbstzerstörerisch?" (S. 9)

Da bin ich gespannt. Sein Epilog schließt so:

"Mit den Weichenstellungen, die wir alle in den kommenden Jahren vornehmen, entscheiden wir darüber, ob sich die Entwicklung dieser andersartigen Intelligenz [KI] als fataler Fehler erweist oder als Beginn eines hoffnungsvollen neuen Kapitels in der Evolution des Lebens" (S. 552)

Sein Titel "Nexus" kommt aus dem Lateinischen und steht bei ihm sicher für Verknüpfung, Zusammenhang, Verbindung, Achse usw. und für die Beziehungen innerhalb von Netzwerken wie z.B. zwischen Wissenschaft und Technologie im Interesse innovativer Entwicklungen oder auch zwischen Sprache, Denken und Sprechen.

Montag, 1. Juli 2024

Vorläufiges Ziel erreicht

Ein Papierstapel liegt auf dem Tisch

Seit 2021 habe ich gesammelt, gekritzelt und getippt. Vor allem in den letzten zwei Monaten war ich fleißig und nun sind es 202 Seiten geworden. Die Reise nach Rom, in die Nähe von Cicero und Quintilian, hat mich noch besonders angetrieben

Der Titel lautet jetzt: 

Kleines Lehr- und Lernwörterbuch für SprecherInnen in Schule, Studium und beruflicher Praxis. 

Sammelsurium zur Retorischen Kommunikation von A wie Aristoteles bis Z wie Zwischenruf.

Jetzt suche ich noch nach Beratern und nach einem geeigneten Verlag. Nur ernstgemeinte Zuschriften und Anfragen...

Freitag, 21. Juni 2024

Lese- und Reiseempfehlung

 Rhetorik in Rom

Auf unserer kurzen Reise in die Ewige Stadt im vergangenen Monat war ich natürlich auch immer darauf aus, Rom als die Kindheits- und Jugendheimat der Rhetorik zu sehen. Das Forum Romanum, das Kapitol oder der Petersdom, wo sich über viele Jahrhunderte die weltlichen und geistigen Herrschereliten präsentierten, lassen auch noch heute Grandioses erahnen. Cicero, Caesar, Brutus, Quintilian, Augustus... Politiker und Rhetorikprofessoren... Antike Machtstrukturen, Recht, Kultur und Bildung waren immer auf das engste mit der Redekunst verbunden. 

Das Buch von Lendon zu diesem Thema hat mir das erneut in anschaulicher Weise erklärt und auch die Aktualität für heute gezeigt.

Foto: Rode (26.05.24)

Beim Besuch in den Vatikanischen Museen hatte ich meine eigene kleine rhetorische Entdeckung:

Da stand sie in einer Nische des langen, überwältigend geschmückten Prachtganges hin zur Sixtinischen Kapelle. Aspasia von Milet (470 - 410 v. Chr.), die Griechin, die als erste Frau in der Rhetorik Athens galt, Philosophin und Rednerin, Frau des Staatsmannes Perikles. 

Bewundert und angefochten wurde sie, denn die Redekunst als Bestandteil der Septem artes liberales, der sieben freien Künste, stand eigentlich nur den Knaben und Männer zu. Man es weiß  nicht genau, ob sie tatsächlich Sokrates` Redelehrerin war, wie Platon im Dialog Menexenos berichtete, oder ob sie als noble, hochgebildete Hetäre lediglich zwischen den geistigen Größen ihrer Zeit vermittelte.



Die digitale Revolution verursacht maßgebliche Veränderungen in der öffentlichen Kommunikation

2027 wird keine tägliche Zeitung mehr auf Papier erscheinen

Die Mehrwertmacher 22/24
 
 
"Das prognostiziert Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels, und schließt dabei sein eigenes Blatt mit ein. Laut dem Fachmagazin MEEDIA gibt es beim Tagesspiegel jedoch noch keine konkreten Pläne zur Einstellung der gedruckten Ausgabe. Bereits jetzt erscheint die Sonntagsausgabe nur noch als E-Paper. Der Tagesspiegel setzt auf neue Angebote auf Bezirksebene, wie etwa digitale Newsletter."

Donnerstag, 13. Juni 2024

Rhetorik = optimale Sendung und guter Empfang

Papst Franziskus: Priester sollen verständlich und kurz predigen

Während der Generalaudienz am Mittwoch auf dem Petersplatz, bei der unter den zehntausenden Gläubigen auch viele Priester waren, betonte der Heilige Vater:

Eine gute Predigt ... [muss] drei Ebenen ansprechen: das Denken, das Herz und das Handeln der Menschen. Und sie ... [darf] nicht länger als acht Minuten dauern. Das sagte er mit Blick auf jene Priester, "die oft so viel reden, ohne dass man versteht, wovon sie sprechen".
Foto: Rode
Am 26.05.24 war ich in Rom.
Leider traf ich den Papst nicht an.

Ein gutes Beispiel fügte er am Ende seiner Katechese (Glaubensunterweisung) gleich an, indem Franziskus zum wiederholten Mal an die Leiden der Menschen in den Kriegen in der Ukraine, in Palästina und Israel sowie in Myanmar erinnerte und zum Gebet für den Frieden aufrief: 

Er betonte, jeder Krieg sei vom ersten Tag an eine Niederlage. "Möge der Herr uns die Kraft geben, für den Frieden zu kämpfen."

https://www.katholisch.de/artikel/53950-papst-franziskus-priester-sollen-verstaendlich-und-kurz-predigen

Foto: Rode
Am westlichen Rande des Petersplatzes
steht dieses Mahnmal. Es heißt: Flüchtlinge.

Montag, 22. April 2024

Literaturempfehlungen

Strategien spielen

Der bekannte Spieltheoretiker Professor Christian Rieck hat sich jetzt auch der Künstlichen Intelligenz zugewandt

ChatGPT und Co. werden zwar die Rhetorik als Kunst der Rede nicht ersetzen. Aber wenn es um die Optimierung der zwischenmenschlichen Kommunikation geht, finden sich bereits aktuell viele Möglichkeiten, um Texte zweckmäßig zu verfassen, indem Inhalte recherchiert und mit stilistischen Überarbeitungen unterstützt werden können.

Professor Rieck hat wieder ein Buch vorgelegt, das sich durch seine gewohnt geistreiche und zugleich humorvolle Art gut lesen und praktisch umsetzen lässt. 

Und wenn wir schon mal bei Rieck sind: Empfehlenswert ist auch seine "Anleitung" zum strategischen Denken "Die 36 Strategeme der Krise. Erfolgreich werden, wenn andere scheitern."

Gestützt auf die Tricks der alten Militärstrategen Chinas, Griechenlands und Roms, aber auch z.B. Machiavelli und Clausewitz, entwickelt er Kriegslisten, die sich aber auch für eine "friedliche Rhetorik" ausnutzen lassen. Sein 1. Strategem lautet: "Den Kaiser hintergehen, um das Meer zu überqueren. Und plötzlich gibt es kein Zurück". Und das letzte: "Wenn gar nichts mehr hilft: weglaufen. Manchmal sind auch die Strategemata mit ihrem Latein am Ende." Das klingt doch anregend, oder?

Begeisternde Redebeispiele (Videovorträge) findet man auf https://www.youtube.com/@ProfRieck