Montag, 10. August 2020

Sanktionen und Falschwörter

Macht und Manipulation

von Wilhelm Rettler

 Die USA greifen unter ihrem aktuellen Präsidenten Donald Trump immer häufiger zu sogenannten Sanktionen. Es handelt sich dem Wortsinn nach um Strafmaßnahmen. So verlangen drei US-Senatoren, dass Sanktionen gegen die Stadt Saßnitz erlassen werden sollen, weil sie sich an der Fertigstellung der Erdgasleitung Nordstream II beteiligt. 

Aber: Nulla poena sine lege, nulla poena sine culpa = keine Strafe ohne Gesetz, keine Strafe ohne Schuld. Das sind uralte Rechtsgrundsätze. 

Die USA kümmert das nicht. Sie „sanktionieren“ jeden, der ihnen (nicht) gefällt. Das Wort Sanktion ist hier falsch. Bei „Sanktion“ handelt sich um einen Dysphemismus (herabsetzendes Wort) in Bezug auf die Stadt Saßnitz und um einen Euphemismus (beschönigendes Wort) in Bezug auf die USA, also um ein Falschwort im doppelten Sinne. 

Falschwörter sind Wörter, die sich nicht darauf beschränken, einen bestimmten Begriff gedanklich hervorzurufen, z.B. „Auto“ eben für ein schlichtes Auto, sondern zugleich eine bestimmte Nebenbedeutung assoziieren, z.B. „Schrottkiste“ oder „Nobelkarosse“.  Wenn das Auto alt und schlecht ist, dann geht die Bezeichnung „Schrottkiste“ in Ordnung, nicht aber, wenn sich das Fahrzeug in einem technisch guten Zustand befindet. In diesem Fall ist „Schrottkiste“ ein Falschwort. 

Nobelkarosse - Foto: https://de.wiktionary.org/wiki/Rostlaube

Zurück zur Sache:

Die Stadt Saßnitz hat nicht rechtswidrig gehandelt und den USA steht keine Strafbefugnis gegenüber der Stadt Saßnitz zu. Daher handelt es sich bei dem Wort Sanktion hier um ein Falschwort. Für Falschwörter gilt der Satz Platons: Ein falscher Ausdruck stiftet Verwirrung in unserem Denken. Die Benutzung von Falschwörtern sollte deshalb peinlichst vermieden werden.

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