Sonntag, 21. März 2021

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Was hat Gendern mit Falschwörtern zu tun?

Von Wilhelm Rettler


Gendern steht im Deutschen für einen geschlechterbewussten Sprachgebrauch, der im Interesse der Gleichbehandlung der Geschlechter mit Veränderungen der herkömmlichen Sprache einhergehen soll. Maskuline Formulierungen für beide bzw. drei Geschlechter gelten als diskriminierend und sollen vermieden werden. So ist es verpönt, von Lehrern zu sprechen, wenn von Personen beiderlei Geschlechts die Rede ist. 

Dem Gendern liegt im Kern derselbe Gedanke zugrunde, der für die Falschwörterkritik grundlegend ist. Ein Widerspruch zwischen Wortsinn und Wortbedeutung, am Beispiel die Lehrer: mehrere männliche Lehrer (Wortsinn) und Lehrer und Lehrerinnen (Wortbedeutung). Neue Wortschöpfungen wie Lehrer*innen, wo an der Stelle des Sternchens eine Sprechpause eingelegt werden muss, sind fragwürdig, zumal wenn sie durchweg für eingeschlechtliche Personengruppe Anwendung fingen, so „Lehrer*innen für mehrere (männliche) Lehrer.

Ausgiebiges Gendern kann auch ermüdend sein, so etwa im Nachbarschaftsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, wo durchweg steht, der Nachbar oder die Nachbarin, anstelle der generisch maskulinen Form „der Nachbar“ (auch für die Nachbarin). Der Gesetzesumfang hat sich dadurch erheblich erweitert. Es ist die Frage, ob mit dem Gendern ist realer gesellschaftlicher Fortschritt verbunden ist oder nur den Schein eines solchen erzeugt wird.

Wilhelm Rettler


Anmerkung von G. Dietmar Rode:

Falschwörter sind Worthülsen, die wir immer und immer wieder, vor allem in den öffentlichen Medien, antreffen. Sie haben sich von ihrem ursprünglichen Sinn entfernt. Diese Worte werden abgenutzt, umgedeutet und letztlich ihres Sinnes entstellt und verfremdet. Wege, oder besser gesagt Stolperpfade, dazu sind Herauslösung aus ursprünglichen Zusammenhängen, euphoristische oder pejorative Umdeutungen, verflachte Nutzung oder Fehlinterpretationen. Was kommt oft dabei heraus: Taschenspielerei? Augenwischerei? Manipulation! Ein Beispiele dafür: Volk. Die Nazis überhöhten das Wort (völkisch, Volksgenosse). Im Alltagsgebrauch wurde ein Schimpfwort daraus (dieses "Volk"). Und in politischen Zusammenhängen wird es mitunter zum bloßen Ornament (Volksrepublik)

Was hat das nun mit Gendern zu tun? Wir denken zu wenig darüber nach. Die Vernachlässigung der Geschlechter in unserem Sprachgebrauch bedarf der aktuellen Bearbeitung. Im Moment wirken viele da noch hilflos.

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