Samstag, 15. Februar 2020

Denk ich an Dresden...

Rede von Bundespräsident Walther Steinmeier am 13. Februar 2020 in Dresden


Vielleicht wird auch diese Rede in die Liste eingehen, die den Schülern nachfolgender Generationen als besondere genannt werden. Zumindest wünsche ich es mir, auch wenn ich noch viele offene Fragen zu diesem Thema habe. Als ich 1966 erstmals auf einer Schülerfahrt nach Dresden kam, waren noch so erschreckend viele Ruinen zu sehen. Meine Mutter hatte mir erzählt, dass der Feuerschein in jener Nacht im Februar 1945 selbst in unserem kleinen Oschatz zu sehen war. Und meine Tante berichtete, dass sie auf ihrer Flucht aus Breslau im Februar 1945 durch Dresden kam, und nur knapp dem Unglück entgangen war.

Die Zerstörung der Kulturstädte begann bereits 1933, sagte Steinmeier. Und in Dresden begann sie

"als hier nur wenige Wochen nach der Machtübergabe an Hitler auf offener Straße Bücher verbrannt wurden; als der Dirigent Fritz Busch aus der Semper-Oper gebrüllt wurde, weil er mit jüdischen und ausländischen Musikern zusammenarbeitete; als Otto Dix und andere zeitgenössische Künstler verjagt und jüdische Wissenschaftler von ihren Lehrstühlen vertrieben wurden.Die Zerstörung der Kulturstadt Dresden begann, als Regisseure, Schriftsteller, Journalisten, Verleger und viele andere mehr wegen ihrer jüdischen Herkunft oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt und verjagt wurden. Viele, wie die Sängerin Therese Elb und die Schauspielerin Jenny Schaffer-Bernstein, wurden später deportiert und ermordet. Auch hier in dieser Stadt war es ein Fanal, als in der Nacht des 9. November 1938 – viele Jahre vor der Semper-Oper – die Semper-Synagoge in Flammen aufging." 
Hans Grundig: Vision der Zukunft 1935
Der Dresdner Maler Hans Grundig muss auch das Schicksal  seiner Stadt geahnt haben, als er die "Vision der Zukunft 1935" malte.
    Pablo Picasso: Guernica 1937
    Der Bombenkrieg begann mit den Zerstörungen von Guernica (Spanien, 1937) und Wielun (Polen, 1939), Rotterdam (Holland, 1940), "The Blitz" als Luftangriff auf wirtschaftlich und kulturell bedeutende Städte in England (ab 1940) oder die Bombenangriffe während der Blockade Leningrads (ab 1941). Die Bilder der Katastrophen gleichen sich. Gelitten haben immer die Völker.

Walter Steinmeier erklärte dazu, auch im Gedenkjahr 2020 würden politische Kräfte die Erinnerung missbrauchen: 
"Wer heute noch die Toten von Dresden gegen die Toten von Auschwitz aufrechnet, wer versucht, deutsches Unrecht kleinzureden, wer wider besseres Wissen historische Daten verfälscht, dem müssen wir als Demokratinnen und Demokraten die Stirn bieten... Aber ich sage auch: Wer das Leiden der Menschen, der Bombenopfer in dieser Stadt ignoriert oder bagatellisiert, wer die Bombardierung als 'gerechte Strafe' hinstellt oder Gesten der Trauer ins Lächerliche zieht, auch der wird der Geschichte nicht gerecht und auch er verhöhnt die Opfer."
Wen immer das trifft, diskutieren müssen wir es. Sollte er nicht zuletzt auf die Losung einiger Junglinker Bezug nehmen, "Dresden, deine Nazis haben es verdient", wird das wohl dazu gehören.

https://www.dnn.de/Nachrichten/Politik/Bundespraesident-Steinmeiers-Gedenkrede-in-Dresden-im-Wortlaut

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