Donnerstag, 26. März 2020

Was sind Fake News?

In manipulativer Absicht verbreitete Nachrichten


G. Dietmar Rode


Früher nannte man sie eher Gerüchte. Aber die Möglichkeiten im Informationszeitalter und mit vielfältigen Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung gehen inzwischen weit darüber hinaus. Fake News sind mehr als Irrtümer. Sie werden bewusst und mit subversiver Absicht erzeugt. Die Verbreitung kann weitgehend anonym, viral und global erfolgen. Die Verfälschung der Inhalte ist immer raffinierter und schwerer überprüfbar geworden. Die Wirkungen sind schwer zu kontrollieren oder gar zu korrigieren.

Der Kampf gegen Fake News ist ausgesprochen schwer zu führen. In den meisten Fällen werden wir uns überwiegend am Inhalt der Nachrichten orientieren müssen, um Fake News aufzudecken, zu entschlüsseln und eine gewisse Resistenz ihnen gegenüber zu erzeugen.

Paul Watzlawick hat dazu bereits vor längerer Zeit ein interessantes Beispiel dargestellt. Das hoch interessante Buch heißt "Wenn Du mich wirklich liebtest, würdest Du gern Knoblauch essen. Über das Glück und die Konstruktion von Wirklichkeit." Piper Verlag, München 2006. Der Psychotherapeut und Konstruktivist Watzlawick geht dort auf die sogenannten "Protolle der Weisen von Zion" ein. Es wurde behauptet, dass es sich dabei um das geheime Protokoll einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung handele. Nicht zuletzt hat sich die Ideologie des Faschismus dieser These immer wieder bedient. 

Watzlawick weist darauf hin, dass sich die Londoner TIMES bereits  1921 widmete und schon damals aufdeckte, dass die Quelle der Protokolle ganz offensichtlich das Buch eines französischen Advokaten namens Marice Joly sein dürfte: "Dialogue aux Enfers entre Montesquieu et Machiavel". In Form eines imaginären Gespräches sollten darin die herrschenden gesellschaftlichen Verhältnisse im Frankreich Napoleon III. angeprangert werden. Deshalb beschäftigte sich auch die französische Geheimpolizei damit und sperrte Joly deshalb 15 Monate ins Gefängnis. Bis dahin hatte die Angelegenheit nichts mit Juden zu tun. Der eigentliche Verfasser der "Protokolle" wurde nie identifiziert. Er machte sich Jolys Buch zu eigen, löste Passagen aus ihrem eigentlichen Zusammenhang heraus, und stellte es als weltumfassendes Programm einer mächtigen, geheimen Elite dar. Etwa 160 Stellen in den "Protokollen" gehen nachweislich auf Joly zurück, in neun Kapiteln sind 50% gestohlen - klares Plagiat also. 

Es wurde jedoch immer wieder in der Geschichte darauf Bezug genommen, als handele es sich um den unanfechtbaren Beweis für eine Bedrohung durch die Juden. Das zeigt nicht zuletzt, dass Lügen um so eher geglaubt werden können, je unverschämter, übertriebener und extravaganter sie sind. Die Vermengung von Lügen, Halbwahrheiten und aus dem Kontext gelösten Fakten ist auch heute noch typisch für die Manipulation mit Bedrohungslegenden. (Vgl. Watzlawick, S. 142 - 145)

Gerade in der Zeit, in der wir mit einer schlimmen Krise die Corona-Pandemie zu kämpfen haben, sollten wir uns davor hüten, Fake News ungeprüft und bedingungslos zu glauben oder sie sogar noch weiter zu verbreiten. Noch einmal: Fake News sind keine unabsichtlichen Irrtümer und Biertisch-Floskeln, sondern gezielte Subversion. 

Und hier ist eine weitere Literaturempfehlung: 

G. Dietmar Rode
Blogger



Keine Kommentare: