Donnerstag, 25. Juni 2020

Über Stil II

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

von Wilhelm Rettler


In meinem Beitrag vom 22.April 2020 habe ich den Schriftsteller E. A. Rauter mit folgenden Sätzen zitiert:

„Schreibende haben Schwierigkeiten mit Obrigkeiten. Guter Stil zeichnet sich durch Deutlichkeit aus. Obrigkeit hat kein Interesse an Deutlichkeit. Solange es Obrigkeiten gibt, ist die Deutlichkeit gegen sie.“

Dem ist in vollem Umfang zuzustimmen: Deutlicher Stil ist demokratisch.

Was ist vor diesem Hintergrund eigentlich mit Georg Wilhelm Friedrich Hegel? Vielen gilt er als der größte Philosoph der Weltgeschichte. In seiner „Wissenschaft der Logik“, Berlin 2016, bin ich im Wege des Daumenkinospiels bin ich auf folgende Stelle gestoßen (S. 366):

„Das Wesen aus dem Sein herkommend scheint demselben gegenüberzustehen; dies unmittelbare Sein ist zunächst das Unwesentliche. Allein ist es zweitens mehr als nur unwesentliches, es ist wesenloses Sein, es ist Schein. Drittens: dieser Schein ist nicht ein Äußerliches, dem Wesen Anderes, sondern er ist sein eigner Schein. Das Scheinendes Wesens in ihm ist die Reflexion.“

Deutlich im Sinne einer gesteigerten Form von Verständlichkeit ist das nicht. Für mich ist nur die Frage, ob es schwer oder nicht verständlich ist.

Für guten Stil in Rede und Schrift kann Hegel kein Vorbild sein, außer wenn man nur solche Adressaten erreichen will, die für sich zu Recht oder zu Unrecht in Anspruch nehmen, Hegel-Versteher zu sein.   



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